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LEKTÜRE

Buchtipp "Papas Seele hat Schnupfen"

Heute leidet weltweit fast jede/r Vierte mindestens einmal im Leben an einer Depression (Tendenz steigend!). Daraus resultiert ganz klar, wie viele Kinder und Jugendliche (mit)leiden und dadurch belastet sind, vor allem dann, wenn die Krankheit eines nahen Angehörigen nicht thematisiert wird und Kinder mit ihren Ängsten und Sorgen von Erwachsenen allein gelassen werden. Oftmals suchen sie die Schuld für die Erkrankung bei sich. Aufgrund ihrer seelischen Belastung können sie sich nicht entsprechend entwickeln, sind deshalb gegenüber anderen AltersgenossInnen benachteiligt und haben die besten Voraussetzungen dafür, selbst psychisch krank zu werden. Aber auch wenn Eltern dazu bereit sind, ihre Kinder aufzuklären, stellt sich für viele die Frage „Was kann ich meinem Kind zumuten und wie erkläre ich ihm das Problem, damit es nicht noch mehr verunsichert wird?

Eine mögliche Antwort bietet das vorliegende Buch. Es ist hervorragend geeignet als Grundlage für ein einfühlsames Gespräch mit Kindern. In zarten Bildern und mit einfühlsamer, kindgerechter Sprache erzählen die VerfasserInnen die Geschichte von Nele, deren zuhause der Zirkus ist, eine bunte und aufregende Welt. Sie lebt in einer großen Zirkusfamilie. Ihre Eltern zählen seit Generationen zu den besten Seilartisten. Neles heile Welt zerbricht, als ihr Papa plötzlich krank wird, immer traurig ist und morgens nicht mehr aufstehen kann. Eines Tages versagt er bei einem bedeutenden Auftritt, weil er sich nicht mehr auf das Hochseil traut. Nele ist erschüttert und schämt sich schrecklich für ihn. „Mein Papa war immer der Größte für mich gewesen. Und jetzt weint er wie ein kleines Kind. Er war nicht mehr stark. Er war schwach. Und die ganze Welt hatte es gesehen, weil die Zirkusolympiade im Fernsehen gezeigt wird.“ Schließlich muss Neles Papa ins Krankenhaus und sie bekommt Angst vor dem Spott der anderen Kinder und wird selbst sehr traurig. Doch dann findet Nele bei einem Freund, dem Clown August, Rat und Trost, denn er spricht mit ihr über die Krankheit ihres Papas und zwar so, dass sie es begreifen kann. „Dann hat Papas Seele also so etwas wie einen Schnupfen“ ist der Schluss, den Nele aus ihrem Gespräch mit dem Clown zieht. Ihre kindliche Unbeschwertheit kehrt zurück und es ist ihr möglich, das Geschehene so verarbeiten, wie es der Seele eines Kindes zumutbar ist.

Das Buch dient nicht nur betroffenen Kindern, psychische Erkrankungen wie Depressionen besser zu verstehen, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung und Enttabuisierung psychischer Erkrankung in der Gesellschaft. Außerdem zeigt es auf, wie wichtig die Rolle von Angehörigen ist. Denn der offene Umgang mit psychischer Erkrankung und liebevolle Fürsorge ohne Bevormundung sind wichtige Bestandteile einer Genesung. So wie bei körperlichen Erkrankungen ja auch.

 

Titel: Papas Seele hat Schnupfen
Autorin: Claudia Gliemann
Illustratorin: Nadia Faichney

2014;  MONTEROSA Verlag
ISBN: 978-3-942640-06-0

Preis: EUR 19,80

LINK: MONTEROSA Verlag